Martin, haben wir noch Tee?
Nö.
Na dann, lass uns nach Boston.
Während den üblichen Passé Compose- oder Imparfait- Entscheidungen im Alltag, kommt uns die Idee. Wir bauen unser Transformer-Bett-Mobil um. So werden Tisch und Bett-Rückwand aus unserem Wohn-/Schlafzimmer wieder zum Bett-Mobil. 650 km, das ist für uns ein Klacks. Immerhin wollen wir genauso das Kreuzfahrtschiffs-Dreieck abklappern (New York, Boston, Halifax, St. John’s, Quebec, Montreal), von dem uns alle Touristen erzählen, welche wir rumkutschieren. Boston interessiert uns sehr, immerhin ist es eine der ältesten Städte Amerikas! Und ihr wisst wie wir auf Geschichte stehen. Kurz nach Einbruch der Dunkelheit ziehen wir ab. 30 km vor der Amerikanischen Grenze kommt der Erste Halt. Wir sind müde.
Schockgefroren kommen wir am Morgen an der Grenze an. Noch schnell den Schlaf aus den Augen popeln. Wir wollen einen guten Eindruck hinterlassen, denn immer wenn wir reisen repräsentieren wir unser Land. 😉 „Habt ihr ESTA?“ Zwei Fragende Gesichter begegnen sich. Der Blick geht zurück zum Grenzbeamten mit der eindeutigen Aussage: Noch nie davon gehört. Na dann, Einreisefragebogen ausfüllen. Zahlt ihr zusammen? Ja. $12, bitte. Schönen Tag noch. Zurück zum Bett-Mobil, dem Französisch-Lern-CD-Tune lauschen, während wir vorbeirauschen an den unendlichen weiten von roten, gelben, grünen Wäldern.
Portland – übersetzt Hafenland, ist eine Hafenstadt.
Hier verbringen wir einen sonnigen, wenn auch windigen Tag. Die Innenstadt besticht mit seinen rotbraunen Backsteinhäuser. Ebenso sind die Außenbezirke im klassisch altmodischen Stiel sehr schön anzusehen. Wie wir bei der Information erfahren ist heute freier Eintritt im Kunstmuseum – das lassen wir uns nicht zwei mal sagen!
Bis dahin ist noch etwas und wir bekommen Hunger. Bei unserem Streifzug durch die Stadt entdecken wir Anthony’s Italian Kitchen. Auf die Frage wie groß die Pizza ist und uns ein Waagegrad für 14$ gezeigt wird, sind wir sofort überzeugt. Was für ein Käsegenuss 🙂
Am Abend brechen wir auf Richtung Boston und machen es uns auf unserem torreservierten Walmart Parkplatz gemütlich.
Um 7 Uhr morgens gibt es in einer der Seitenstraßen noch einen Parkplatz auf dem Harvard Universitätsgelände – Unserer. Um 9:00 Uhr öffnet das Harvard Touristenbüro, dass geführte Touren auf dem Gelände anbietet. Die Ticket-Nummern 1 und 2 gehen an Martin, der Erste in der Schlange. Ich skype mit Mutti: Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! ist angesagt. Quelle surprise, am anderen Ende ist die versammelte Familie Albrandt, die auf die schmackhafte Schokotorte Nastjas, meine Schwester, wartet, während ich als Beamerprojektion im Hintergrund erscheine – Danke für diesen gemeinsamen Moment.
Mit unserem Dritt-Semester Studenten erkunden wir das weltberühmte Harvardgelände. Ich kenn das aus dem Fernsehen – „Ich war hier schon mal“-Gefühl. Die Tour beginnt im Alten Garten „Old Yard“ mit der Aussicht auf das Gebäude, dass 1648 Name war. 8 Studenten gab es hier seinerzeit ohne finanzielle Mittel. Der gute Monsieur Havard sponserte mit seinem versterben die Universität und so wurde sie zur Harvard Universität. So beginnt die Tradition: Wer Unmengen an Geld spendet, nachdem wird ein Haus in Harvard benannt. Eine schöne Geschichte kann ich erzählen zur Harry Widener Bibliothek. Es gibt drei Dinge, die Harry mochte: 1. alte Bücher, 2. Eis und 3. seine Mama. Als Harry sein Studium abschloss, schenkte im seine Mutter eine gemeinsame Reise nach Italien. Super, dachte er sich, ich mag Eis, Europa hat Unmengen von Bücher – perfekt. So fröhlich die Reise begann, so schrecklich wurde sie 15. April 1912 von einem Eisberg beendet. Obwohl Mutter und Sohn schon bei den Rettungsbooten waren, entschloss Wilfred noch einmal zurück zur Kabine zu rennen, um sein Wertvolles Buch mitzunehmen. Er schaffte es leider nicht mehr rechtzeitig zum Rettungsboot, als die Titanic sank.
An gedenken an ihren Sohn entschloss die Mutter der Universität Geld für eine große Bibliothek zu spenden, geknüpft an zwei Bedingungen: Es soll zum Mittagessen immer Eis geben und jeder Student muss einen Schwimmkurs abschließen bevor er den Abschluss macht. Gesagt, getan. Der Pflichtkurs schwimmen wurde jedoch im Zuge der Gleichberechtigung für Behinderte in den 70iger Jahren wieder abgeschafft.
Den Rest des Tages wandern wir von Cambridge, am MIT vorbei weiter über eine der Brücken nach Boston. Die Vorstadt ist gepflastert mit alten rotbraun gefärbten Backsteinhäusern. Ein unglaublich schönes Bild! Im Zentrum schließen wir uns einer Stadtführung an und lernen viel über die bewegte Geschichte Bostons. Wir sehen die Schauplätze des Boston Massakers, das Kongressgebäude in dem über die Freiheit der Sklaven, die Englische Besetzung oder die Frauenrechte diskutiert wurde sowie den Hafen der berühmten Boston-Tee-Party.
Am Abend sind unsere Füße plattgelaufen und wir schaffen es nur mit kleinen Pausen zum Auto. Ein herrlicher Tag geht zu Ende. Bevor es wieder Richtung Kanada geht Tanken wir voll, zu einem Spottpreis – Amerika und das schwarze Gold…