Unsere to-do-Liste:
1. Nächtigungsstätte: Über eine Woche verbringen wir als Nomaden in der Stadt Québec. Die Parkplatzsituation in der Stadt ist aussichtslos. In keiner der Parklücken darf länger als 90 Minuten gehaust werden. Außer man ist bereit für ein überwachtes Parkhaus oder einen Campingplatz zu bezahlen. Deswegen lautet die Devise, wir parken außerhalb der Stadt und fahren jeden Tag mit unseren Fahrrädern auf den fahrradfreundlichen Radwegen entlang des Flusses in die Stadt. Unsere täglichen Erledigungen treiben uns durch die Stadt und sorgen für einige Fahrrad-Kilometer zum Abfahren 😉
Übernachtungsmöglichkeiten wird Walmart – 7 km außerhalb, und das Fleur-de-Lys Einkaufszentrum – 4 km von der Innenstadt entfernt.
4 Nächte und 5 Tage haben wir unser Auto hier geparkt. Das gute ist, hier gibt es Toiletten, Internet und man muss den Einkauf nicht nach Hause fahren :)
Wir sind nicht die Einzigen. Hier beim Walmart tummeln sich jede Nacht eine Menge Camper. Am äußersten Rand des Parkplatzes trifft man sich. So hat man Nachbarn für den morgendlichen Plausch.

 

Auf Dauer sind wir es Leid auf Parkplatzlandschaften vor den Einkaufszentren aufzuwachen – wir brauchen Abwechslung. So übernachten wir zweimal im Viertel Limoilou, auf der Rue des Sables – Spoiler: nahe unserer künftigen Wohnung. Am Morgen, als wir aus dem Auto klettern, werden wir hier von einer Anwohnerin gefragt ob wir bei ihr duschen wollen oder etwas brauchen. Wir fühlen uns willkommen 😉

Wie der Zufall so will, finden wir auf dieser Straße eine auf Spenden basierte Selbsthilfe-Fahrrad-Werkstatt. Hier fragt Martin direkt nach Arbeit, und wir bekommen ein Angebot:
Bis zum Ende des Monats Oktober können wir (für ein Kellnergehalt-Stundenlohn + Trinkeld) Dreiradführungen mit Touristen unternehmen – wir sind gespannt. Immerhin kommen hier unsere deutsch und englisch Kenntnisse gut an.
Die Geschichte wie unser neuer Arbeitgeber sie gerne erzählt: Ein junger Mann klettert morgens aus dem Van. Offensichtlich gerade aufgewacht. Unser neuer Chef beobachtet, wie dieser an die Ecke hinter die Büsche pinkelt. Ein paar Minuten später marschiert dieser in die Werkstatt und fragt ob sie hier auch gebrauchte Fahrräder verkaufen und ob er Mechaniker sucht. Unser zukünftiger Chef denkt sich, dem werde ich jetzt nicht die Hand reichen … Er hat Mitleid mit dem armen Streuner ;) und sagt, dass er Arbeit bis Ende Oktober als Touristenführer hat. Ab nächste Woche könnte er anfangen. Wir tauschen Telefonnummer aus!

2. Apropos Arbeit: Beim Arbeitsamt sammeln wir Informationen wer uns dabei helfen kann Arbeit zu finden. Wir werden von einem Büro zum Nächsten geschickt. Oh ja, Bürokratie ist hier auch zum Kotzen. Für die Hilfe bei der Arbeitssuche sind Privatagenturen verantwortlich, die dann von der Regierung für die beanspruchte Förderung ausgezahlt werden. Dafür muss man aber eine feste Aufenthaltsgenehmigung/Staatsbürgerschaft besitzen, falls nicht, kümmern sich abwechselnd – jeden Monat rotierend, eines der zuständigen Büros für die Organisation. Die Verantwortungsbereiche, der Bundes- und der Provinzenregierung sind strikt getrennt. Die Provinzen verfügen über einen hohen Grad an Autonomie gegenüber der Bundesregierung. Sie nehmen zusammen mehr Steuern ein als der Bund. Damit finanzieren sie Bildungswesen, Kultur, Polizei, Gesundheitswesen, Sozialhilfe und Wirtschaftsentwicklung. Sie kontrollieren auch die Nutzung der natürlichen Ressourcen. So lernt man auch die Bürokratie und die Stadt kennen. Wir finden das zuständige Zentrum: Wir vereinbaren einen Termin – leider erst für nächste Woche, phuu erstmal selbst ran. Die Rückmeldung der Firmen zu den Bewerbungen bleibt aus …

3. Wir brauchen Internet und Strom. Hier eignen sich die ZAP-Hotspots, die kostenlos von der Stadt an öffentlichen Orten zur Verfügung gestellt werden. So z. B. in Einkaufszentren, Gemeindezentren, Cafés oder an großen öffentliche Plätze in der Stadt. Nach einer halben Woche Daueraufenthalt im Einkaufszentrum erkennen uns sogar schon die Wachleute, die für das Auf- und Zuschließen zuständig sind. Max, der Wachmann, empfiehlt uns bei Facebook Jobs als Maler.

4. Wir brauchen eine Sozialversicherungsnummer und Arbeit – auf zu Service Canada.
Nach zwei Anläufen finden wir das zuständige Büro. Dort bekommen wir unsere NAS-Nummer, die unsere Arbeitgeber brauchen um uns als Arbeiter zu registrieren.

5. Telefon-Flatrate: Beim günstigsten Anbieter „Koodo“ besorgen wir uns eine neue Telefonkarte. Es stehen viele Anrufe an … $49 für all-you-can-call – Ein- und ausgehende Anrufe, die werden hier separat abgerechnet, SMS, 1 GB Internet. Leider sind die Koodo Sim-Karten nicht mit dem Fairphone kompatibel.

6. Wohnung: Auf einer Kleinanzeigen Seite – Kijiji.com suchen wir uns einige Wohnungen raus. Wir vereinbaren Besichtigungstermine – am Telefon auf Französisch. Den ersten Vermieter, den ich mit meinem gebrochenen Französisch kontaktiere, fragt mich als Erstes nach finanziellen Rücklagen. Er verspricht mir, mich bald zurückzurufen – nie passiert! Oh ja, so ausländerfreundlich ist der Herr Vermieter. Aber Wohnungen gibt es hier viele! Und wir sind auf den Herren nicht angewiesen. Überall in der Stadt sieht man rote Schilder mit Telefonnummern: à louer (zu vermieten), à vendre (zu verkaufen). So läuft das hier, wir laufen durch die Straßen und rufen die Vermieter an um die Wohnung zu besichtigen. Wir vereinbaren Termine mit etwaigen Vermietern.
Über die Internet-Kleinanzeigenseite finden auch unsere neue Wohnung. 2 1/2 heißt hier 1 Zimmer, 1 Küche, 1/2 Bad. Wir entscheiden uns für eine gemütliche 1-Zimmer-Wohnung an der Rue des Sables: Ein langgezogener Raum (Wohn-/Schlafzimmer/Flur), verbunden mit der Küche und ein Badezimmer. Es ist hell, wir haben eine Küchenzeile mit Kühlschrank und Herd, ein Wohn-, Schlafzimmer mit Kleiderschrank, großen Fenstern und sogar einem Balkon.
Erst in einer Woche wird die Wohnung frei, deswegen bietet uns die Vermieterin an in einer ihrer anderen leerstehenden Wohnungen zu übernachten. Wir haben eine temporäre Wohnung – eine Wohnung! Doris heißt unsere Vermieterin. Von Anfang an ist klar, mit der kommt man super aus.

 

7. Bewerbungen: Wir verbringen die Vormittage damit unseren Lebenslauf sowie das Anschreiben für verschiedene Stellenangebote anzufertigen – Tatjana auf Französisch, ich noch auf Englisch. Die Seite vom Arbeitsamt mit Jobangeboten ist übersichtlich, aber alles setzt französisch Kenntnisse voraus … Wir melden uns noch bei diversen Online-Arbeitsvermittlungs-Unternehmen an, die Auswahl der Jobs steigt, die meisten bilingual!

8. Sprachkurse: Wir telefonieren uns durch verschiedene Organisationen, die Sprachkurse für Immigranten anbieten. Auch hier immer wieder die ernüchternde Aussage, Kurse nur für Québec Einwohner. Glücklicherweise können wir zwei Termine bei Organisationen vereinbaren, die uns doch noch Kurse für 75 Euro und 10 Wochen anbieten. „Mieux-Être des Immigrants“ in Saint-Foy bietet Kurse für alle Immigranten, die Französisch lernen wollen. Perfekt! Es beginnt Ende September.
Außerdem bietet das Zentrum Centre Louis-Jolliet uns, sprich Personen mit einem Arbeitsvisum, die Möglichkeit an Französischkursen teilzunehmen.

9. Bankkonto: Unser erstes gemeinsames Konto, check! Wenigstens das ging schnell, wobei unser Sachbearbeiter wirklich langsam getippt hat … Einer von denen, die die Umschalttaste nicht kennen, die Tastatur ist Ihnen ebenfalls kein vertrautes Objekt, sodass der Buchstabe jedes mal aufs Neue gesucht werden muss. Jetzt haben wir ein Konto bei der Coop-Bank „Desjardins“ 😉 Übrigens ist hier die Kontoführung für ein Jahr gratis für alle Neukunden – eine hervorragende Wahl für Reisende die in Quebec ankommen.

10. Sportkurse: Tatjana meldet sich für Yoga Kurse in einem der vielen Gemeindezentren an. In den Loisirs-Verzeichnis online der Stadt oder in den dicken Nachschlagewerken, die in jedem Gemeinschaftszentrum ausliegen, finden sich verschiedenste Aktivitäten. Das tolle an den Gemeindezentren ist, neben diversen Sporthallen gibt es ebenso 25 Meter Schwimmbecken. Diese stehen zu bestimmen Zeiten kostenlos für alle zur Verfügung, echt tolles Angebot auf das wir einige Male eingehen. Irgendwo müssen wir uns ja auch duschen …
Das Leben am Parkplatz vom Einkaufszentrum ist ermüdend. Wir stehen morgens um 7 auf, sind vor den Öffnungszeiten der Geschäfte die ersten bei den Imbissläden in dem Einkaufszentrum an denen es Internet und Trinkwasser gibt. Im Supermarkt kaufen wir uns Salat, Baguette und Gemüse sowie Obst.
Unsere Frühstückshaferflocken mit Obst verspeisen wir im Einkaufszentrum, Salat essen wir meistens unterwegs und kochen abends vor dem Einkaufszentrum sobald wir aus der Stadt kommen … Das tolle, das zweite Einkaufszentrum, Fleur-de-Lys, hat einen Picknicktisch – einen Tisch und Sitzbänke. Außerdem entdecken wir eine Außensteckdose.
Immerhin finden wir schnell eine Wohnung! Ein Sprachkurs ist uns ebenso sicher und Sportkursanmeldungen sind erledigt. So gehen fünf Tage rum.

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